Know-How


	
						
	
	

				
			

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Einfach zu ermitteln und noch dazu so erkenntnisreich: der Jodwert. Jeder Brauer freut sich, wenn das in die Würzeprobe getropfte Jod seine orange-braune Farbe behält. Die Stärke ist dann größtenteils zu vergärbarem Zucker abgebaut. Doch was sagt der Jodwert, die Jodnormalität darüber hinaus eigentlich aus? Ist es wirklich soooo schlimm, wenn der Brauer dann doch mal „blau“ gemacht hat?

Die Kontrolle auf Jodnormalität am Ende der Verzuckerungsrast während des Maischprozesses gehört zu den einfachsten und grundlegendsten brautechnischen Analysen, die der Biersieder bereits im Sudhaus durchführt. Sogar die in wenigen Worten zusammengefasste offizielle Mebak Methode, die visuelle Jodprobe durchzuführen (Mebak Band „Würze, Bier, Biermischgetränke“, Methode 1.2.2.), kann noch abgekürzt werden. Alles was man braucht, ist im Prinzip weißes Porzellan – nicht zwingend notwendig, ist aber praktisch, da der Farbunterschied besonders gut erkannt werden kann – und die einprozentige Jodlösung. Etwas Würze auf das Porzellan, Jodlösung dazu träufeln, fertig. Färbt sich das Jod sofort dunkelblau bis schwarz, heißt es weiter verzuckern. Die charakteristische Färbung von Dunkelblau bis Schwarz der Jodlösung bei Vorhandensein von Stärke ist dabei auf die Einlagerung der Jodmoleküle in die Struktur der Stärkemoleküle zurückzuführen. Die Stärke ist demnach noch nicht genügend zu vergärbarem Zucker abgebaut. Warum das nicht der Fall sein sollte? Naja, folgendes kann passieren, wenn die Blaufärbung nicht verschwindet, ein Blausud produziert wurde:

  • Gefahr mikrobiologischer Instabilität: Blausud bedeutet, das noch sehr viele nicht vergärbare Zucker in der Probe zu finden sind. Der hohe Zuckergehalt erfreut alle evtl. noch lebenden Mikroorganismen im fertigen Bier. Denn das, was die Hefe nach der Gärung übriglässt, schmeckt anderen Mikroorganismen ganz hervorragend. Dann reicht die Liste der Probleme vom Fehlgeschmack bis hin zur Bombagen-Bildung.
  • Trübung („Kleistertrübung“), Ausfällungen: Blausud kann auch bedeuten, dass sich eine hartnäckige Trübung im unfiltrierten Bier einstellt. Diese kolloidale Trübung gilt sowohl für Kieselgur- als auch für die Membranfiltration als nicht oder nur schwer entfernbar. Wer nicht filtriert, den trifft es aber dennoch: Denn es wird ebenso berichtet, dass die Kältestabilität des entsprechenden Bieres weiter herabgesetzt wird. Das Bier neigt also noch stärker dazu, bei kalten Temperaturen trübe zu werden.
  • Geringerer Endvergärungsgrad: Davon abgesehen, dass es so zu einer geringeren mikrobiologischen Haltbarkeit kommen kann (siehe Punkt 1), sorgt der geringere Endvergärungsgrad dafür, dass das fertige Bier vollmundiger als gedacht ausfällt. Bei einem schlanken Pils wird das dann schnell zum Problem. Brauziel: Nicht erreicht. Geschmackliche Einbußen sind die Folge.                          

 

Wie kommt's?

Ursachen für erhöhte Jodwerte oder eben gar den Blausud finden sich viele. Beinahe allen rohstoffseitigen und technologischen Faktoren, die sich negativ auf die Verkleisterung und die Verzuckerung der Stärke während des Maischprozesses auswirken, müssen in Betracht gezogen werden. Insbesondere wird einer schlechten Schrotsortierung (zu viele Grobgrieße) große Bedeutung zugemessen. Das Soll liegt hier in den Zahlen 18-8-35-21-7-11, die sich auf die Schrotverteilung im Pfungstädter Plansichter beziehen (siehe etwa Narziß: Abriss der Bierbrauerei, S. 108 „Die Kontrolle des Schrotes“).

Ebenso wichtig sind der pH-Wert und die Temperaturführungen während des Maischens, vor allem im Bereich der Verzuckerung. Die wichtigen Alpha-Amylasen wirken bei einem Maische-pH von 5,6 bis 5,8 optimal. Der Temperaturbereich liegt zwischen 72 und 75 °C. Bei abweichenden Werten dauert die Verzuckerung zumindest länger. Da die Enzyme allgemein temperaturempfindlich sind, Alpha-Amylase wird etwa bei Temperaturen über 80 °C inaktiviert, spielt auch die Temperatur des Anschwänzwassers eine große Rolle – ist das zu heiß, verbrüht man leicht die wichtigen Enzyme. Dann steht es auch schlecht um die gewünschte Jodnormalität.

 

Was tun?

 Tja, ist der Sud mal blau, dann gibt’s nur noch wenige Möglichkeiten, ihn zu retten. Eine Option zumindest bietet der kalte Malzauszug. Im Abriss der Bierbrauerei schreibt Narziß (S. 134): „Dieser wird […] aus der im Maischbottich ruhenden, oben klar abgesetzten Restmaische bei Temperaturen von 50-62 °C entnommen, abgekühlt und nach dem Abmaischen wieder zugesetzt.“ Etwa 0,5 Prozent der Gesamtmaischemenge des Blausudes reichen aus, auf 40 Liter „blaue“ Gesamtmaische bzw. Würze sollte also etwa zwei Liter Malzauszug gegeben werden. Der enzymreiche kalte Malzauszug sollte dann recht fix dafür sorgen, dass noch in der abgeläuterten Würze enthaltene unvergärbare Zucker abgebaut werden. Der Brauer kann sich wieder entspannt zurücklehnen und muss nicht mal blau machen.

Wie ist es bei euch? Schon einmal Probleme mit der Jodnormalität gehabt? Woran lag's? Habt ihr euren Blausud noch retten können? Und wie habt ihr das angestellt? Fragen über Fragen, schreibt uns eure Erfahrungen – einfach mit einem Klick auf „Feedback“!

 

In BRAUWELT Nr. 10, 2017 haben Philipp Zeuschner und Dr. Roland Pahl von der VLB Berlin die Bedeutung der Jodnormalität von Bierwürzen für die Beurteilung der Sudhausarbeit analysiert und bewertet. Auf dieser Veröffentlichung beruht der vorliegende Text. Dank geht daher an die VLB Berlin, Philipp Zeuschner und Dr. Roland Pahl für deren Unterstützung.