Know-How


	
						
	
	

				
			

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20, 40, 60 oder 80 g/hl? Mehr? Weniger? Wie viel Trockenhefe pro hl Anstellwürze sollte es nun sein? An der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf hat Alexander Nees untersucht, wie sich unterschiedliche Trockenhefemengen auf die Gärung und schließlich den Geschmack des Bieres auswirken.

 Versuchsaufbau

Um den Verlauf der Gärung mit unterschiedlichen Trockenhefemengen untersuchen zu können, wurde ein Gärverfahren im 0,5-Liter-Maßstab angewendet. Das Gärverfahren wurde extra für diese Versuche entwickelt. Die benötigte Würze wird dabei aus Malzextrakt und einem vorisomerisierten Hopfenprodukt hergestellt. Vergoren wird mit der Hefe SafaleTM US-05. Laut Hersteller liegt die empfohlene Trockenhefemenge zum Anstellen bei 50 bis 80 g/hl. Aber muss es so viel sein?

In der Versuchsreihe wurden Gärungen mit 5 g/hl, 10 g/hl, 20 g/hl, 40 g/hl und 80 g/hl durchgeführt. Um den Verlauf der Gärung nachvollziehen zu können, wurde jeweils der Extraktgehalt, die Hefezellzahl und der Lebend-/Totanteil bestimmt. Die fertigen Biere wurden außerdem noch verkostet und entsprechend sensorisch bewertet. Die Trockehefe wurde vor dem Anstellen mit Würze rehydriert. Wer zu Versuchszwecken das Kleingärverfahren nachmachen möchte: Am Ende dieses Textes haben wir die passende Arbeitsanweisung abgebildet.

 

Messergebnisse

Nun aber zu den Ergebnissen der Untersuchungen: In den Abbildungen 1 bis 3 findet ihr den Extraktverlauf, die Entwicklung der Zellzahlen und den Anteil lebender bzw. toter Zellen während der Gärung. Anhand des Extraktverlaufes könnt ihr schon erkennen, dass bei einer Hefedosage von 5 g/hl und 10 g/hl die Gärung im Vergleich zu höheren Hefedosagen einen Tag länger dauert. Ab einer Hefedosage von 20 g/hl verläuft die Gärung schneller und wird einen Tag früher beendet. Das passt, die Hefedosage von 20 g/hl entspricht ungefähr der in der Literatur empfohlenen Hefezellzahl zum Anstellen von 15 Millionen Hefezellen pro Milliliter.

Extraktabbau
Extraktabbau während der Gärversuche

 

Abbildung 2 zeigt den Hefezellzahl-Verlauf. Je mehr Hefe gegeben wurde, desto weniger vermehrt sich die Hefe. Bei einer Gabe von 80 g/hl (ca. 56 Mio Hefezellen/ml) vermehrt sich die Hefe ab dem dritten Gärtag praktisch nicht mehr. Je weniger Hefe beim Anstellen gegeben wird, desto geringer ist aber dennoch die maximale Hefezellzahl am Ende der Hauptgärung. Durch die geringe Hefezellzahl dauert es auch länger, bis die Endphase der Gärung erreicht ist. Daher rechnen die Hersteller von Trockenhefen auch einen Sicherheitsfaktor von 3 bis 4 in die Hefegabemenge mit ein, um eventuelle Gärverzögerungen zu verhindern.

Hefezellzahl
Entwicklung der Hefezellzahl

 

Die Abbildung 3 zeigt schließlich die Viabilität, also den Anteil toter Zellen in Prozent, der über eine Methylenblaufärbung ermittelt wurde. Die Kurven spiegeln den physiologischen Zustand der Hefepopulation während der Gärung wider. Im Mittelfeld liegt die von der Literatur empfohlene Dosage von 15 Millionen Hefezellen pro Milliliter (20 g/hl).

Viabilität
Viabilität während der Gärung

 

Grundsätzlich zeigt sich, dass eine geringere Hefezellzahl beim Anstellen einen geringeren Anteil an toten Hefezellen während der Gärung und auch während der nachfolgenden Prozessschritte der Nachgärung und Lagerung nach sich zieht. Indem ihr die Hefezellzahl beim Anstellen verringert, könnt ihr verhinden, dass sich die Qualität eures Bieres später, zum Beispiel durch Autolyse, verschlechtert.

Übrigens: Wie ihr die Autolyse der Hefe in den Griff bekommt, dazu hat Dr. Michael Zepf, Doemens, in seinem Artikel drei einfache Tipps gegeben. Den Artikel findet ihr hier.

 

Verkostung

Anhand der abschließenden Verkostungen der Biere konnte ein weiteres eindeutiges Fazit gezogen werden. Die Ergebnisse lassen eindeutig erkennen, dass die Biere mit geringerer Hefegabe besser bewertet beziehungsweise als angenehmer empfunden wurden. Insbesondere mit Hinblick auf Vollmundigkeit und Bittere. Mit zunehmender Anstellhefemenge wurde von den Verkostern auch eine immer stärkere Bittere und eine verringerte Vollmundigkeit wahrgenommen.

 

Zusammenfassung

Verwendet ihr Trockenhefe, müsst ihr auf viele Aspekte achten, um eine reibungslose Gärung zu erzielen. Denn ein guter Gärverlauf ist meistens auch ein Garant für leckeres Bier. Mithilfe des beschriebenen Kleingärverfahrens konnte im Versuch gezeigt werden, dass gerade bei der Hefegabe nicht unbedingt gilt: „Viel hilft viel!“. Es zeigte sich, dass sich der sensorische Eindruck sogar verbessert, wenn die verwendete Menge an Trockenhefe reduziert wird. Das lässt sich so auch in die Praxis übertragen. Auch über die Menge der Hefegabe lässt sich der sensorische Eindruck des fertigen Bieres beeinflussen. Das für die Versuchsreihe entwickelte Kleingärverfahren eignet sich außerdem zur Bewertung von Rohstoffen, Technologien sowie für Produktneuentwicklungen.

 

Das Titelbild stammt übrigens von Christian Krucker - Vielen Dank für die Unterstützung!

 

Und hier kommt noch der exakte Versuchsaufbau:

  Methode Material
1. Würze herstellen und davon ca. 15 Prozent für die Nachgärung in Kühlung (0°C) bereitstellen Wasser 4 °dH, Malzextrakt entsprechend 12 °P, ISOHOP 30% entsprechend 20 BE, Becherglas, Density-Meter
2. 600 ml Würze in Erlenmeyerkolben (1L) füllen Laborwaage, Erlenmeyerkolben
3.  Hefe in Reagenzgläsern mit Würze gemäß Herstellerangabe rehydrieren Hefe, Reagenzgläser, Bechergläser
4.

Rehydrierte Hefe in den jeweiligen Erlenmeyerkolben überführen mit jeweiligen Anfangskonzentrationen

Eppendorf-Pipette(100-1000µl), Becherglas
5. Erlenmeyerkolben eine Minute zur Hefebelüftung schwenken Stoppuhr
6. Pro Erlenmeyerkolben 3 Proben mit jeweils 0,5 ml in Eppendorf-Gefäße geben. Um die Gärung zu unterbinden, können die Eppendorf-Gefäße in Eiswasser(0 °C) gelegt und später gemessen werden. Eppendorf-Pipette(100-1000µl), Eppendorf-Gefäße (1,5 ml)
7. Erlenmeyerkolben mit Aluminiumfolie verschließen und in Kühltheke mit gewünschter Temperatur stellen Aluminiumfolie, Kühltheke
8. Hefezellzahl und Hefeviabilität gleichzeitig aus den zuvor vorbereiteten Eppendorf-Gefäßen bestimmen. Dazu wird die gleiche Menge an Methylenblau wie an Probemenge (0,5 ml) verwendet. Eppendorf-Gefäß verschließen und exakt eine Minute schütteln Hellfeld-Mikroskop, Thomakammer, Methylenblau (0,1%), Pasteurpipetten, Stoppuhr
9. Pro Eppendorf-Gefäß vier Großfelder in einer Diagonalen auszählen Counter
10. Im Laufe der Gärung tägliche Bestimmung des Extraktgehaltes. Dabei 10ml Probe aus dem Erlenmeyerkolben entnehmen, filtrieren und anschließend Extrakt im Filtrat messen

Faltenfilter, Trichter, Becherglas, Pipette (10 ml), Density-Meter DMA 35

11.

Ebenfalls tägliche Bestimmung der Hefezellzahl und Hefeviabilität.

Erlenmeyerkolben eine Minute durch Schwenken homogenisieren.

3 Proben pro Erlenmeyerkolben mit Eppendorf-Pipette(100-1000 µl) entnehmen und in Eppendorf-Gefäße geben.

Je nach erforderlicher Verdünnung Wasser hinzufügen, und die gleiche Menge an Methylenblau hinzufügen wie die entnommene Probenmenge.

Nach Zugabe von Methylenblau das Eppendorf-Gefäß verschließen und exakt eine Minute schütteln. Probe entnehmen und auf Thomakammer auftragen und innerhalb von 5 Minuten auszählen
Hellfeld-Mikroskop, Thomakammer, Wasser, Methylenblau (0,1%), Pasteurpipetten, Stoppuhr, Counter
12.

Am Ende der Gärung werden 450ml des jeweiligen Erlenmeyerkolbens in Flaschen abgefüllt. Vorher Probe durch Schwenken homogenisieren.

Es wird eine Flaschengärung durchgeführt. Als Speise dient die am ersten Tag entnommene Würze.

Mit Hilfe der Ballingformel einen CO2-Gehalt von 5 g/l einstellen. Errechneten Wert in die Flasche einwiegen,

Flasche verschließen

0,5-l-NRW-Flasche, Kronenkorken, Ballingformel, Verschließer, Würze, Trichter,

Laborwaage: 0,01 g
13. Eine Woche Nachgärung bei gleicher Temperatur der Hauptgärung Kühltheke
14. In einer Kühltheke für mindestens eine Woche bei 0°C umlagern Kühltheke (0 °C)
15. Bieranalytik und Sensorik Vorgefertigte Verkostungs-Tabellen