Know-How


	
						
	
	

				
			

Bewertung: 5 / 5

Stern aktivStern aktivStern aktivStern aktivStern aktiv
 

Vor ein paar Wochen haben wir euch gezeigt, wie und warum sich das Hopfenaroma in eurem Bier mit der Zeit verändert. Schon damals haben einige von euch gefragt: Und was ist mit der Biotransformation? Der Frage geht Korbinian Haslbeck jetzt in einem weiteren Beitrag auf den Grund.

Vor kurzem wurde erstmals im Braubereich nachgewiesen, dass Bestandteile des ätherischen Hopfenöls auch von der Hefe synthetisiert werden können. Genauer gesagt dreht es sich dabei um die monoterpenen Alkohole wie etwa Linalool, Geraniol, β-Citronellol, Nerol und α-Terpineol. Zum Beispiel zeigte im Versuch die Hefe LeoBavaricus – TUM 68 die höchste Produktion an Geraniol.

Bestimmte Hopfenaromastoffe können auch von der Hefe selbst gebildet werden
Bestimmte Hopfenaromastoffe können auch von der Hefe selbst gebildet werden

Die Synthese dieser Terpenoide durch die Brauhefen liegt zwar im niedrigen Mikrogrammbereich, sie ist dennoch für das Bieraroma von Bedeutung. Insbesondere Linalool (blumig, citrusartig) und Geraniol (blumig, rosenartig) haben eine Schlüsselfunktion für die Hopfenblume eines Bieres. Diese gut in Bier löslichen Stoffe haben sehr niedrige Geschmackswellenwerte und beeinflussen selbst unterhalb dieser Konzentrationen über synergistische Effekte das Bieraroma positiv. Die Synergien bewirken, dass ihr Aromabeitrag in einem Stoffgemisch wie Bier höher ist als es über die Einzelkonzentrationen abzuleiten wäre. Hefen nehmen jedoch nicht nur über die Produktion aromaaktiver Gärungsnebenprodukte Einfluss auf den Biergeschmack, sondern auch durch die Biotransformation der aus dem Hopfen stammenden Aromavorstufen (= Aroma-Precursor) und einiger Komponenten des ätherischen Hopfenöls.

 

Freisetzung von Aromakomponenten

In der Hopfendolde liegen einige Terpenoide neben der freien auch in einer gebundenen Form vor. Die Aromakomponenten sind an einem Zuckerrest gebunden und gespeichert, bis sie die Pflanze in freier Form als Lock- oder Abwehrstoff für beziehungsweise gegen Insekten einsetzt. Linalool und Geraniol sind prominente Beispiele an Inhaltsstoffen des Hopfens, die einerseits frei im ätherischen Öl und andererseits auch gebunden als Aromavorstufen vorliegen können. Aus Sicht des Brauers ist die Spaltung dieser Glykoside während der Bierbereitung anzustreben, um eine Aromaintensivierung zu erzielen. Die zuvor erwähnten Brauhefestämme wiesen alle eine exo-β-1,3-Glucanase-Aktivität auf, die die Freisetzung der gebundenen Aromastoffe bewirken kann. Es wurde damit gezeigt, dass die Brauhefen die Fähigkeit besitzen, das Aromapotenzial des Hopfens auszuschöpfen. Die Hopfenpflanze selbst verfügt ebenfalls über Enzyme (β-Glucosidasen) mit glycosidspaltender Wirkung. Diese scheint in besamten Pflanzen höher zu sein als in Pflanzen ohne Samenanteil, wobei die Kultivierung von besamten Pflanzen kontrovers diskutiert wird. Es ist außerdem anzumerken, dass das Aromapotenzial aus Glykosiden des Hopfens für den Biergeschmack zwar eine Rolle spielt, aber nicht überbewertet werden sollte.

Erstmal rankommen: Wichtige Aromastoffe liegen in der Hopfendolde zum Teil in gebundener Form vor
Erstmal rankommen: Wichtige Aromastoffe liegen in der Hopfendolde zum Teil in gebundener Form vor

 

Der Geraniol-Stoffwechsel und das Citrusaroma

Der Geraniol-Metabolismus fasst eine Reihe an Reduktions-, Hydratisierungs- und Isomerisierungs-Reaktionen monoterpener Alkohole zusammen, die der Gärungsaktivität von Hefen zugesprochen wird. In Versuchen wurde festgestellt, dass der Geraniol-Abbau im Zuge des Geraniol-Stoffwechsels mit der Höhe der Stammwürze gesteigert wird und zudem vom Hefestamm abhängt. Eine Malzextraktwürze von 12 °P wurde mit der Referenzsubstanz Geraniol auf 70 μg/l eingestellt und mit sechs verschiedenen Hefestämmen vergoren. Hier erwies sich Tropicus – TUM 506 als aromafreundlich, da es den geringsten Abbau von Geraniol während der Gärung bewirkte. Im Vergleich zu Frisinga – TUM 34/70 betrug der Unterschied im Abbau 23 μg/l.

 

Was hat das zu bedeuten?

Die Brauhefe kann über Biotransformationen und -synthesen die Gehalte von Aromastoffen beeinflussen, die als Schlüsselkomponenten für eine Hopfenblume in Bier bekannt sind. Dies wird insbesondere anhand der sehr aromaaktiven monoterpenen Alkohole Linalool und Geraniol deutlich. Bestimmte Hefestämme setzen diese von Vorstufen aus dem Hopfen frei und betreiben nur geringen Geraniol-Metabolismus, der zu Konzentrationsabnahmen von Geraniol während der Gärung führen kann. Des Weiteren wurde gezeigt, dass Brauhefen dieselben Stoffe auch selbst und unabhängig von der Hopfung bilden können. Hefestämme, die im besonderen Maß diese Fähigkeiten besitzen und intensive Aromaeindrücke in Bieren erzeugen, werden als Aroma-Hefestämme bezeichnet.

Die Interaktion von flüchtigen und nicht-flüchtigen Stoffen des Hopfens mit der Hefezelle (z.B. Adsorption) und dem Hefemetabolismus hat unterschiedliche Auswirkungen auf das Aroma eines Bieres. Dabei kann zusammengefasst werden, dass die Verlustvorgänge in erster Linie hydrophobe Stoffe (Sesquiterpene und Monoterpene) wie β-Myrcen betreffen, das leicht ausgegast beziehungsweise an der Hefezelle adsorbiert wird. Die konzentrationserhöhenden Reaktionen hingegen sind ausschließlich von hydrophilen Stoffen (Alkohole und Ester) wie Linalool und Geraniol bekannt.

Das Aroma von exotischen Früchten im Bier kann auch von der Hefe stammen, nicht nur vom Hopfen (Foto: Brooke Lark on Unsplash)
Das Aroma von exotischen Früchten im Bier kann auch von der Hefe stammen, nicht nur vom Hopfen (Foto: Brooke Lark on Unsplash)