Know-How


	
						
	
	

				
			
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Die Standardgrößen im Fassbiermarkt sind 30 und 50 Liter. War jedoch früher der Ausschank in der Gaststätte der Hauptabsatzweg für Fassbier, ist heute ein deutlicher Wandel festzustellen. Sowohl für die Gastronomie, den Privatbereich als auch für Großveranstaltungen gibt es inzwischen passende Lösungen. Mit der Zunahme der Anforderungen diversifizieren sich auch die Verpackungsgrößen und die verwendeten Ausschanktechniken. Neben dem „regulären“ Ausschank ist ein Markt für kleine und große Ausschankmengen entstanden.

Wie bereits in früheren Artikeln beschrieben, sind wie so häufig zwei Seiten der Medaille zu betrachten. Dem Ingenieur schlägt das Herz höher, wenn er die technischen Möglichkeiten sieht, der Hygieniker schlägt die Hände über dem Kopf zusammen, weil er Bedenken hat, wie die Anlagen sauber zu halten sind.

 

Kleine Ausschankmengen – kleine Fässer

Eine Vielzahl von Gaststätten leidet unter sinkenden Absatzmengen von Fassbier. Dies führt dazu, dass die Bierfässer eine immer längere Zeit angeschlossen sind. In Kombination mit einer schlecht gepflegten Schankanlage und/oder falsch eingestelltem Druck führt dies früher oder später zwangsläufig zu Qualitätsproblemen. Daher wird häufig versucht, die maximale Anstichzeit durch kleinere Fassgrößen wiederherzustellen. Die Verwendung von z.B. 15-l-Fässern hat sich dabei als ganz praktikabel erwiesen. Allerdings ergeben sich durch solche Umstellungen sowohl für die Brauerei als auch für den Gastronomen finanzielle Konsequenzen. Nicht nur, dass eine größere Menge an Fässern angeschafft werden muss, die größere Anzahl an Fässern bedingt auch einen höheren Aufwand im Handling. Logistik, Reinigung, Fitting-Wartung, usw. – das sind Kostenfaktoren, die von der Brauerei in der Regel an den Kunden, also den Gastronomen, weitergeben werden.

 

Sonderlösungen für kleine Ausschankmengen

Losgelöst von den klassischen Ausschank-Systemen wurden in den letzten Jahren verschiedene Systeme entwickelt, welche genau diesen Kleingebinde-Markt im Fokus haben. War lange Jahre nur das 5-l-Party-Fässchen verfügbar, hat sich dieser Markt durch spezifischere Systeme mittlerweile gut professionalisiert. Angefangen durch das Keggy 1989 entwickelten sich zwischenzeitlich verschiedene Systeme im Größenbereich vier bis zehn Liter, welche teils frei verfügbare Lösungen darstellen (z.B. das SmartDraft®) oder aber von Konzernen als Eigenlösung im Markt sowohl für die Gastronomie als auch für den Einzelhandel angeboten werden (z.B. PerfectDraft®).

 

FlexiDraft mit Einwegleitung (Foto: Micro Matic)
FlexiDraft mit Einwegleitung (Foto: Micro Matic)

 

Für Abnehmer, welche auf eine komfortable Fassgröße nicht verzichten wollen, aber gleichzeitig nach einer praktikablen Lösung für gute Ausschankqualität suchen, haben sich ebenfalls Konzernlösungen und frei verfügbare Lösungen entwickelt. Das David XL Green-System von Heineken N.V., Amsterdam, Niederlande, sowie das FlexiDraft®-System der Micro Matic GmbH, Wesseling, verwenden bei jedem neu angestochenen Fass eine frische Bierleitung. Die in Reinräumen hergestellten und verpackten Getränkeleitungen weisen bei Auslieferung einen sterilen Zustand auf und stellen sicher, dass das damit gezapfte Bier nicht durch Rekontamination verunreinigt wird. Es wird der Bereich vom Zapfkopf-Stößel bis zur Auslauftülle des Zapfhahnes ausgetauscht. Untersuchungen dazu haben gezeigt, dass selbst alkoholfreie Biere, welche eine besondere mikrobiologische Anfälligkeit haben, über einen längeren Zeitraum ohne Beeinträchtigung der Bierqualität offen ausgeschenkt werden können. Der limitierende Faktor dabei ist, dass diese Lösungen bislang nur für Büfett-Systeme geeignet sind.

 

Große Ausschankmengen

Ebenso wie für den Kleingebinde-Markt haben sich verschiedene Lösungen in die andere Richtung, für den Ausschank von großen Mengen, entwickelt. Weil es sich dabei keinesfalls um einen Massenmarkt handelt, steckt hier sehr oft der Ingenieur-Geist der jeweils Verantwortlichen mit in der Anlage.

 

Reihenschaltung von Fässern

Ständige Fasswechsel kosten wertvolle Verkaufszeit und verursachen im Extremfall Bierverluste durch das Schaumpolster in der Leitung. Lösungsansatz: Serienkupplungen, bei welchen das Bier über in Reihe geschaltete Bierfässer ausgeschenkt wird. Das Bier strömt dabei vom letzten Fass jeweils in das nächstgelagerte, bis es vom ersten Fass aus in die Bierleitung in Richtung Hahn strömt. Diese Systeme laufen stabil und können auch über einen längeren Zeitraum betrieben werden. Wichtig ist es, auf die Hygiene zu achten, da sich eine mikrobiologische Kontamination von Fass zu Fass verteilt. Um Zapfprobleme zu vermeiden, empfiehlt es sich, immer alle leeren Fässer gleichzeitig zu wechseln.

 

Bierkeller mit Reihenschaltung und einer automatischen Umschaltung (Foto: J. Tippmann)
Bierkeller mit Reihenschaltung und einer automatischen Umschaltung (Foto: J. Tippmann)

 

Parallelschaltung von Fässern

Ebenfalls mehrere Fässer anschließen kann man über eine Parallelschaltung mittels eines sogenannten Fassumschalters. Sensoren erkennen den in der Leitung ankommenden Schaum und schalten das leere Fass ab und das volle Fass an. Nach einer Stoßzeit mit hohem Absatz kann dann in Ruhe das leere Fass gegen ein volles ausgetauscht werden. Solche Systeme sind aber hygienisch anfällig. Besonders bei Schaumstoppern in der Konstruktion ist eine regelmäßige, gewissenhafte, in kurzen Intervallen durchgeführte Reinigung unerlässlich. Korrekterweise müsste diese Technik als Wechselschaltung mit parallelem Anschluss bezeichnet werden, da die Fässer nicht gleichzeitig (parallel) entleert werden.

 

Kombinationen von Fass-Schaltungen

Die Steigerung der Reihenschaltung bzw. der Parallelschaltung ist die Kombination der beiden Systeme. Werden drei Fässer in Reihe geschaltet und wird ein Fassumschalter eingesetzt, kann das Bier mit diesem Aufbau z.B. auch palettenweise in den Kühlraum eingebracht und direkt von der Palette verarbeitet werden.

 

Ausschank aus Tanks

In großen Objekten hat sich seit längerer Zeit der Ausschank aus Tanks etabliert. Dies erleichtert nicht nur dem Wirt das Leergut-Handling, auch für die Brauerei ist der Arbeits- und Gebindeaufwand erheblich einfacher. Dem steht allerdings die Anschaffung eines Transportfahrzeuges zum Verteilen des Bieres in die Objekte entgegen. Das Bier wird vom Keller der Brauerei in den Transporttank gepumpt, zum Objekt transportiert und an diesem dann in den Ausschanktank eingelagert. Der Ausschanktank wird meist mit einem sogenannten Inliner ausgestattet, in manchen Objekten sind aber auch Tanks ohne diese Inliner im Einsatz.

Bei einem Inliner handelt es sich um einen Mulit-Layer-Plastiksack, der nach jeder Befüllung durch einen neuen ersetzt wird. Den ökologischen Nachteil davon mal außer Acht gelassen, besitzen diese Inliner zwei große Vorteile: vereinfachte Tankreinigung, und ein Aufkarbonisieren des Bieres kann auch über einen Anstichzeitraum von vier Wochen verhindert werden (der Inliner wird über angelegte Druckluft entleert). Des Weiteren sorgt der Überdruck der Druckluft dafür, dass die Bier-eigene Kohlensäure gebunden bleibt. Die mehrschichtigen Plastiksäcke verhindern dabei eine Sauerstoff-Transmission.

 

In größeren Objekten seit einiger Zeit etabliert: der Ausschank direkt aus dem Tank (Foto: Evan Dvorkin on Unsplash)
Gezwickelt hat's der Brauer am liebsten, aber auch in größeren Objekten seit einiger Zeit etabliert: der Ausschank direkt aus dem Tank (Foto: Evan Dvorkin on Unsplash)

 

Das Bier in den Tanks sollte aufgrund der häufig langen Anstichzeiten gut gekühlt werden, um Qualitätsverluste zu vermeiden. Dabei stehen grundsätzlich die in der Industrie verbreiteten Techniken der Raumkühlung oder der Tankkühlung zur Verfügung.

Bei großen Veranstaltungen wie Konzerten oder Sport-Events stellen immer mehr Brauereien auf den Ausschank aus Tanks um. Dies reduziert den logistischen Aufwand für die Gebinde nicht nur in der Vor- und Nachbereitung, auch beim Event selbst fallen z.B. die störenden Transporte von Fässern durch die Menschenmengen weg. Ausschankverzögerungen durch den Anstich eines neuen Fasses werden so ebenfalls vermieden.

 

Parallelschalten von Tanks: Zapfen ohne Schankpause

Im Ausschank mit Tanks haben sich aufgrund des Mengenbedarfs verschiedene Techniken entwickelt, um auch mehr als die 10 hl eines Standard-Ausschanktanks ohne Schankpause zapfen zu können. Über eine Parallelschaltung von Tanks mit einem T-Stück können die Tanks gleichzeitig parallel entleert werden. Wichtige Bedingung hierbei: Die Tanks müssen nebeneinander und nicht übereinander stehen. Der hydraulische Druck des oberen Tanks würde ansonsten dafür sorgen, dass eine ungleichmäßige Entleerung stattfindet. Des Weiteren müssen beide Tanks mit dem gleichen Betriebsdruck betrieben werden. Dies lässt sich über ein Y-Stück in der Gasversorgung regeln, welchem der Druckminderer für das Gassystem vorgeschaltet ist.

Beim Parallelschalten von Tanks besteht immer die Gefahr, dass in beiden Tanks eine Restmenge vorhanden bleibt, welche nicht mehr weiterverwendet werden kann. Bei mehr als einer Parallelschaltung kann sich die Biermenge dabei rasch signifikant aufsummieren. Um dies zu verhindern und um die Anzahl der Parallel-Installationen zu reduzieren, gibt es seit kurzem auch einen Tank-Switch für das automatische Umschalten von Ausschanktanks. Bekannt wurde dieses von der Brauerei Beck's, Bremen, und der BeviClean GmbH, Mülheim-Kärlich, entwickelte System durch den Einsatz beim Wacken-Festival.

 

Festausschank

Volksfeste zählen natürlich ebenfalls zu den Veranstaltungen mit großen Bierabsätzen. Wurden in früheren Zeiten klassische Holzfässer mit Direkt-Anstich verwendet, erfolgt der Ausschank in der heutigen Zeit vorzugsweise über Containerbier in Ausschanktanks. Die Holzfässer am Schanktresen stellen dabei nur eine Attrappe dar. Vom Tank wird eine isolierte Bierleitung zu der Ausschankstelle verlegt. Die Durchmesser der Bierleitungen liegen mit durchschnittlich 15 mm dabei weit über den in der Gastronomie üblichen Größe von 4-10 mm. Sehr gute Zapfer schaffen 20 l/min und mehr.

Die größten Anlagen dieser Art sind derzeit auf dem Münchner Oktoberfest zu finden. Vorreiter mit innovativen, großen Schankanlagen ist hier mit Sicherheit die Paulaner Gruppe, welche ihre großen Bierzelte aus einem Zentrallager mit im Erdreich verlegten Ringleitungen versorgt. Damit können in den Spitzenzeiten mehrere Tausend Liter in der Stunde gezapft werden. Die dabei verwendete Technik hat von der Dimensionierung her weniger mit dem bekannten Ausschankbauteilen als mit Brauereitechnik zu tun.

 

Bierausschank auf dem Wacken-Festival: Verteiler, an den links und rechts je eine Bierleitung angeschlossen werden kann (Foto: Dirk Bersch, BeviClean)
Bierausschank auf dem Wacken-Festival: Verteiler, an den links und rechts je eine Bierleitung angeschlossen werden kann (Foto: Dirk Bersch, BeviClean)

 

Schnellzapfsysteme

Eine kleine, aber sehr bedeutsame Nische ist die der Schnellzapfanlagen. Seit mehreren Jahren gibt es hier immer wieder neue Entwicklungen, die es ermöglichen sollen, große Volumina in kurzer Zeit zur Verfügung zu stellen. Die oben erwähnten 20 l/min bei großen Volksfesten stellen eigentlich schon eine beträchtliche Menge dar. Es muss aber bedacht werden, dass dies nur funktioniert, weil ein Maßkrug als Zapfgebinde verwendet wird. Würde man dagegen nur einen Willibecher verwenden, wären die Strömungsverhältnisse so ungünstig, dass die Gläser zuverlässig alle unterschänkt wären.

Die Ansätze der Schnellzapfsysteme konzentrieren sich daher allesamt auf die Beherrschung des Strömungszustandes. Der laminare Fluss bei hohem Volumenstrom ist dabei die oberste Prämisse. Erreicht wird dies durch die Erweiterung des Querschnitts. Wichtig zu beachten ist hierbei, dass der Bezugspunkt der Hahnauslauf ist. Der Querschnitt der Bierleitung spielt in dem Zusammenhang zwar keine unwichtige, aber eine eher untergeordnete Rolle.

Der einfachste Ansatz zum schnellen Zapfen ist die Verwendung z.B. des Turbo-Hahnes der CMB Schankanlagen GmbH, Krefeld, mit Auslauftüllen von 13 und 16 mm Durchmesser, mit welchen laut Herstellerangaben bis zu 12 l/min gezapft werden können. Auch elektronisch geregelte Schnellzapfer wie der Exactap von Niagara Dispense, Buffalo, USA, sind Lösungen zum schnellen Zapfen, in diesem Fall zudem als Self-Service-System.

Aus den sozialen Medien ist der österreichische Beerjet des gleichnamigen Unternehmens aus Waidhofen an der Ybbs bekannt, bei dem – fast wie in einer Abfüllanlage – bis zu fünf Gläser automatisch parallel gefüllt und in der High-End-Ausführung per Förderband zum Abgabepunkt transportiert werden. Kleinere Systeme mit Durchschiebe-Mechanismus, bei welchen mehrere normale Zapfhähne verwendet werden, sind Lösungen z.B. für Fußballstadien oder Konzertveranstaltungen. Bekannt wurde diese Technik durch Demonstrationsvideos aus Dänemark.

 

Fazit

Der Markt für große Ausschankmengen ist mit Sicherheit überschaubar, im Gegensatz zu dem für kleine Gebinde, welcher in der nächsten Zeit weiter an Bedeutung gewinnen dürfte. Neben den allgemein verfügbaren Systemen sprechen hier vor allem zahlreiche brauereieigene Entwicklungen für diesen Trend.

Ob und wann welches System Sinn macht, kann nicht pauschal beurteilt werden, sondern ist immer objektabhängig. Eine genaue Bewertung und Auslegung ist vor allem bei großen Anlagen notwendig.

Der Artikel erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In diesem ständig in Bewegung befindlichen Markt kann insbesondere bei den speziellen Systemen nur auf eine Auswahl eingegangen werden.