Know-How


	
						
	
	

				
			

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Die Hefe ist ein ganz schönes Prinzesschen. Nicht zu warm und nicht zu kalt soll es sein, Nähr- und Mineralstoffe sollen in der richtigen Menge zur Verfügung stehen. Sonst fühlt sie sich gestresst. Die Hefe will bei Laune gehalten werden, auch im Urlaub. Wir wollen hier im Besonderen einen Blick auf die Flüssigkeit werfen, unter der die Hefe ihre freie Zeit verbringt.

Das fängt schon damit an, dass die Hefe rechtzeitig in den Urlaub verabschiedet werden muss. Möglichst früh in der Jungbierphase sollte die Hefe abgezogen werden. Sonst kann es schon in dieser Phase dazu kommen, dass Hefezellen absterben. Dadurch werden niedermolekulare Eiweiße abgegeben, die den Schaum verschlechtern.

Gelagert wird die Hefe dann am besten bei 3 bis 4 °C. Wenn der Hefe-Urlaub länger dauern soll, gerne auch bei 0 bis 2 °C. Denn die Hefe ist schnell gestresst. Also eigentlich immer. Nur eben mal mehr mal weniger. Und das wiederum wirkt sich auf die Viabilität, also den Anteil lebender Zellen in einem Hefesatz, und die Vitalität, den physiologischen Zustand der Hefe, aus. (Mehr zur Hefe Via und Vita gibt es etwa in Annemüller, G.: „Die Hefe in der Brauerei“, oder Back, W.: „Ausgewählte Kapitel der Brautechnologie“

 

Stressfaktoren

Stress wird zum Beispiel durch unterschiedliche Stoffkonzentrationen innerhalb und außerhalb der Hefezelle verursacht, das nennt man dann osmotischen Stress. Auch Nährstoffmangel allgemein und oder ein erhöhter Gehalt an Alkohol in der umgebenden Flüssigkeit führen zu weniger Fitness und einem niedrigeren Anteil lebender Zellen. Dazu tragen dann noch die falschen Temperaturen bzw. zu große Temperaturunterschiede und mechanische Belastung bei.

 

Lagerbedingungen

An der TUM wurden daher verschiedene Studien durchgeführt. Eine der Fragen war: Wie wirkt sich die verwendete Flüssigkeit bei der Hefelagerung aus? Eine untergärige Erntehefe wurde dabei unter verschiedenen Flüssigkeiten gelagert.

  • Destilliertes Wasser
  • Kochsalzlösung (0,9 % NaCl)
  • Kaliumhydrogenphosphatpuffer (2%ig)
  • Jungbier
  • endvergorenes Bier

Die Lagerung erfolgte jeweils für den Zeitraum von fünf, zehn und 15 Tagen bei 4 °C.

 

Vitalität und Anpassung

Erste Erkenntnis: Bei allen Lagermedien nahm über die Lagerdauer die Vitalität kontinuierlich ab. Immerhin: Im Vergleich zur unbehandelten Hefelagerung zeigte vor allem die Lagerung in destilliertem Wasser und Kaliumdihydrogenphosphat-Puffer eine bessere Vitalität.

Außerdem wurde überprüft, wie lange die Hefen brauchen, um wieder richtig loszulegen. Dabei war ebenfalls relevant, wie schnell dann die Gärung verläuft und wie stark der pH-Sturz ausfällt. Auch hier ernüchternde Ergebnisse. Bei einer Lagerung von 15 Tagen führen alle Lagerungsmedien, bis auf Jungbier, zu einer verlängerten Lag-Phase, also der Zeit, die die Hefe braucht, um sich an eine neue Umgebungsflüssigkeit anzupassen. Die Lagerung in Kaliumdihydrogenphosphat-Puffer, Jungbier und Bier zeigten, vergleichend zu den anderen Lagermedien, eine kürzere Adaption an das Fermentationsmedium.

Vitaliltät der Hefen
Durchschnittlicher Vitalitäts-Wert (ICP) und prozentuale Verteilung in Abhängigkeit der Lagerdauer; A) unbehandelte Hefe; B) destilliertes Wasser; C) 2%iger KH2PO4-Pufferlösung

Viabilität

Hinsichtlich der Viabilität wurde vor allem beim Jungbier ein erhöhter Totanteil nach der Lagerung festgestellt. Dieser hohe Totanteil relativierte sich im Verlauf der Fermentation auf fünf bis zehn Prozent wie bei allen anderen Lagermedien auch. Es sind also zwar mehr tote Zellen vorhanden, die lebenden sind aber fit.

 

Extraktabbau

Hier zeigte sich vor allem eine bessere Fermentationsleistung bei den in Kaliumdihydrogenphosphat-Puffer und Bier gelagerten Hefen. Hinsichtlich des pH-Sturzes zeigten auch hier die Hefen, die in Bier und Kaliumdihydrogenphosphat-Puffer lagerten einen schnelleren und weitreichenden pH-Sturz bei allen drei Lagerzeiträumen.

 

Extraktabbau
Verlauf des Extraktgehalts während der Fermentation bei einer Lagerdauer von 5 Tagen (A), 10 Tagen (B) und 15 Tagen (C)

Warum ist das so?

Wie beschrieben, bedeuten alle Lagermedien Stress für die Hefe. Wird die Hefe in destilliertem Wasser oder Kochsalzlösung gelagert, führt der Nährstoffmangel zu Stress in den Zellen. Als Gegenmaßnahme baut die Zelle den Speicherstoff Glykogen ab. Ein geringer Gehalt an Glykogen führt dann wiederum zu einer längeren Anpassungs-Phase bei der Gärung. Allerdings zeigen die Hefen, die in diesen Medien gelagert wurden, die höchste Vitalität.

Adaptionszeit
Adaptionsdauer der Erntehefezellen in Minuten und in Abhängigkeit der Lagerdauer sowie des Lagermediums

Bei Lagerung in endvergorenem Bier und Jungbier wirkt hauptsächlich durch Ethanol ein Stress auf die Zellen. Dadurch kommt es zwar zu positiven Vermehrungs- und Gärungseigenschaften, allerdings lässt sich eine deutlich niedrigere Vitalität beobachten. Die Hefezellen beginnen sich, nach einer kurzen Phase der Anpassung, schnell zu vermehren. Wahrscheinlich reicht der im Lagermedium enthaltene Restzucker zur Lebenserhaltung aus und der Glykogenspeicher wird dadurch nur gering gezehrt. Die Hefezellen benötigen dadurch auch wieder weniger Zeit, um ihren Stoffwechsel wieder anzuwerfen. Die noch vorhandenen Reservestoffe begünstigen ebenso eine kurze Dauer der Adaption an die Wachstumsbedingungen. Infolge des im Lagermedium vorhandenen Ethanols, das überwiegend die Zellmembran angreift, lässt sich ein Zusammenhang mit der Verminderung des ICP-Werts während der Lagerung vermuten.

 

Was tun?

Verwendet ihr also Jungbier (5,5 °P) oder endvergorenes Bier als Lagermedium, dann könnt ihr auch eine gute Fermentationsleistung mit schnellem Extraktumsatz und eine kurze Adaptionsdauer bis zum Fermentationsbeginn erwarten. Zwar fällt bei diesen Lagermedien die Hefevitalität schlechter aus, allerdings beeinflusst das kaum die Gäraktivität der Zellen. Wegen der schnellen Angärung und des Gärverlaufs wird die Gesamtgärzeit verkürzt, was sich positiv auf die Qualität und den Geschmack des Bieres auswirkt. Selbst eine längere Lagerdauer ist somit möglich. Die Lagerbedingungen hinsichtlich Sauberkeit und Temperatur müssen natürlich stimmen.

Dieser Beitrag stützt sich im Wesentlichen auf einen Artikel von Susann Fischer, Saskia Weiß, Prof. Dr. Thomas Becker, alle Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie, TU München-Weihenstephan, Freising. Der Original-Artikel ist in BRAUWELT Nr. 37/38-2017 nachzulesen.