Know-How


	
						
	
	

				
			

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Edelstahlfässer sind ein ausgesprochen gutes Aufbewahrungsgefäß für Bier. Denn sie beeinflussen den Geschmack des Bieres nicht. Ganz anders sieht das allerdings aus, wenn ihr ein Holzfass verwendet, das innen nicht beschichtet ist. Das verändert euer Bier massiv. Was da im Holzfass passiert, erklärt uns Dr. Gerrit Blümelhuber.

 

Ein bisschen Geschichte

Für Bier waren Holzfässer über Jahrhunderte das Standardgebinde. Jedoch wurden die Holzfässer mit Birkenpech ausgekleidet. Dadurch beeinflusst das Holz den Geschmack nicht und die Fässer sind besonders dicht.

Anders war dies beim Wein. Auch Wein wurde in Holzfässern gelagert und transportiert. Diese Fässer waren jedoch nicht innen beschichtet, was mit zunehmender Lagerzeit einen immer deutlicheren Geschmackseindruck auf den Wein hinterließ. Ein frischer, junger Wein wies mehr einen fruchtigen, spritzigen Charakter auf, Fassnoten fanden sich da nicht. Ein lange auf dem Fass gelagerter Wein hingegen hinterließ am Gaumen Geschmackseindrücke von Vanille, Gewürzen, Kokosnuss, Karamell und Schokolade. Die Weintrinker kamen sehr rasch auf den Geschmack und so verwundert es nicht, dass sich im Weinbau eine ganze Wissenschaft um den Ausbau des Weines auf dem Fass entwickelte. Mittlerweile entdecken die Brauer die sehr interessanten Forschungsergebnisse. Auch Bier lässt sich durch eine gezielte Fasslagerung veredeln.

Auch Bier lässt sich im Holzfass gezielt veredeln
Auch Bier lässt sich im Holzfass gezielt veredeln

In den 1980er-Jahren wurde erstmals im großen Stile mit holzfassgereiften Bieren experimentiert und mittlerweile sind die „wooden-barrel aged“ Biere nicht mehr wegzudenken.

 

Was passiert im Holzfass?

Kurz gesagt: Es passiert all das, was wir eigentlich beim Bierbrauen vermeiden wollen. Da das Holz offenporig ist, kann zum einen Kohlendioxid aus dem Bier durch das Holz hindurch nach außen entweichen. Zum anderen diffundiert aber auch Sauerstoff durch das Holz hindurch in das Bier und es kommt zu Oxidationsvorgängen im Bier.

Holz (Hier seht ihr eine zukünftige Fassdaube) ist nicht Gasdicht – durch die Poren dringt CO2 nach außen und Sauerstoff ins Bier
Holz (hier seht ihr eine zukünftige Fassdaube) ist nicht gasdicht – durch die Poren dringt CO2 nach außen und Sauerstoff ins Bier

Das Holz selbst wird durch das Bier ausgelaugt und gibt Aromen an das Bier ab. Gleichzeitig reift das Bier durch natürliche Alterung und die damit einhergehenden chemischen Prozesse auch im Fass weiter. Je nach Fassbeschaffenheit ergeben sich unterschiedliche Aromen im fertigen Bier.

 

Aromaexplosion

Zum einen sind hier die Laktone zu nennen, hier vor allem das β-Meti-γ-Oktolakton. Diese auch als „Whiskey Lakton“ bezeichnete Substanz ergibt zum Beispiel Aromaeindrücke nach Kokosnuss oder erinnert an Gewürze.

Eine der Hauptaromakomponenten im Holzfass ist das Vanillin. Dessen Intensität hängt insbesondere von der Vorbehandlung des Fasses, und hier insbesondere vom sogenannten Toasting ab. Die Furfurale im Holz ergeben den karamellartigen Geschmackseindruck und verstärken auch die Süße. Auch ihre Konzentration wird maßgeblich durch das Toasting beeinflusst. Guajakol liefert die Räucheraromen. Auch diese Komponente wird hauptsächlich durch das Toasting hervorgerufen.

Weitere Aromastoffe können ebenfalls eine Rolle spielen, insbesondere wenn das Holzfass, bevor es mit Bier befüllt wurde, eine vorherige Belegung hatte. So werden beispielsweise gerne Weinfässer, insbesondere Rotwein oder Dessertweinfässer verwendet, um dem Bier auch noch einen Teil der Aromen dieser Weine zu verleihen. Aber auch Fässer, in denen Spirituosen gelagert haben, wie beispielsweise Whiskeyfässer, kommen häufig zum Einsatz.

Eichenholz ist im Fassbau sehr beliebt – es gibt aber auch Fässer aus anderen Hölzern, Kastanie oder Akazie etwa
Eichenholz ist im Fassbau sehr beliebt – es gibt aber auch Fässer aus anderen Hölzern, Kastanie oder Akazie etwa

 

Welche Biere eignen sich für eine Fasslagerung?

Nicht jedes Bier eignet sich, um durch ein Holzfass veredelt zu werden. Es sind vor allem die hochprozentigen Biere, die durch eine Holzfasslagerung veredelt werden können und auch das Potential haben, nach einer mehrjährigen Lagerung im Holzfass besser aus dem Fass rauszukommen als sie reingekommen sind. Auch eine etwas höhere Hopfung schadet den Bieren nicht, ist aber nicht zwingende Voraussetzung.

Das Bier sollte einen relativ niedrigen CO2-Gehalt haben. Meist liegt man hier bei 2,7 bis 3,3 g CO2/l. Hinsichtlich der richtigen Lagerbedingungen gehen die Meinungen auseinander. Während die einen die „klassische“ Lagerung bei Weinkellertemperaturen (10-12 °C) bevorzugen, schwören andere wiederum auf Temperaturen um die 18 °C. Wieder andere lassen sich durch die kalten Lagertemperaturen von Bier inspirieren (ca. 0 °C). Klar ist in jedem Fall: Jede Temperatur bringt eigene Biere zum Vorschein. Bei höheren Temperaturen laufen chemische Reaktionen sowie Diffusionsvorgänge deutlich schneller ab als bei niedrigen Temperaturen. Doch fällt es bei den höheren Temperaturen meist schwerer, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, wann das Bier seinen Optimalzustand erreicht hat und auf Flasche gefüllt werden sollte.

Egal, welche Temperatur gewählt wird, das Fass sollte auf jeden Fall seine Ruhe haben. Das heißt, es sollte nicht unbedingt bewegt werden. Während dies bei manchen Spirituosen durchaus von Vorteil sein kann (z. B. Linie Aquavit), so ergeben sich beim Bier schwer reproduzierbare Ergebnisse. Der Lagerraum sollte nicht zu feucht sein, um eine Schimmelbildung auf der Außenseite des Fasses zu vermeiden.

 

Wie gehe ich mit den Fässern um?

Wichtig ist, zu unterscheiden, welche Art von Fässern ihr verwendet. Ein ganz neues Fass sollte vor der erstmaligen Verwendung mindestens 24 h von innen gewässert werden. Das Holz quillt dabei und das Fass wird hierdurch erst richtig dicht.

Bei Fässern, die bereits eine Vorbelegung hatten, sollte auf dieses innere Wässern verzichtet werden. Sonst spült ihr die gewünschten Aromen mit heraus. Lieber solltet ihr das Fass von außen wässern, so dass das Holz quellen kann.

Unterschiedlich sind die Meinungen hinsichtlich der Häufigkeit, mit der ein Fass belegt werden kann. Klar ist, dass mit jeder Belegung ein Teil der Aromastoffe ausgelaugt wird und irgendwann kaum noch Aromen an das Bier abgegeben werden. Wie oft dies aber nun genau ist, ist schwer zu sagen. Dies hängt vom Holz ab, vom Toasting, aber auch vom Bier und wie stark dieses das Holz auszulaugen vermochte. Eine Faustregel sagt, dass eine drei- bis viermalige Belegung möglich sein sollte.

Die Vorbelegung eines Fasses entscheidet auch über die mitgebrachten Farb- und Aromastoffe – hier seht ihr ein Rotweinfass
Die Vorbelegung eines Fasses entscheidet auch über die mitgebrachten Farb- und Aromastoffe – hier seht ihr ein Rotweinfass

Nun sind solche Holzfässer jedoch nicht gerade ganz billig. Was also tun, nachdem das Fass viermal belegt war und einem Bier eigentlich keinen weiteren Kick verleihen kann? Hier solltet ihr den Blick über den Tellerrand wagen und versuchen, einen lokalen Spirituosenhersteller ins Boot zu holen. So haben sich schon einige Kooperationen zwischen Destillateuren und Brauern gebildet, bei denen die Fässer rege getauscht werden. Nach einigen Belegungen mit Bier werden dann hochprozentige Spirituosen in das Fass gelegt, die von den Bieraromen profitieren. Anschließend kann dann durchaus das gleiche Fass auch wieder mit Bier belegt werden, was wiederum von den Spirituosen profitiert und von den durch die Spirituosen aufgeschlossenen Aromastoffe aus dem Holz.

Habt ihr schonmal ein Bier im Holzfass reifen lassen? Wie ist es geworden und welche Tipps könnt ihr euren Kollegen mit auf den Weg geben? Schreibt uns an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wir geben eure Tipps und Anregungen weiter.