Portraits


	
						
	
	

				
			

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Lang ist's her, bestimmt mehr als 50 Jahre, dass im niederbayerischen Langquaid das letzte Bier aus einer ortsansässigen Brauerei ausgeschenkt wurde. Viel zu lang, dachten sich Karin und Armin Pillmeier wohl, denn seit Kurzem gibt es am Ort wieder eine kleine Brauerei, in der traditionelle Biere gebraut, ausgeschenkt und verkauft werden.

Der Markt Langquaid hat eine lange Biertradition hinter sich. "Früher gab's mal sechs Brauereien am Ort. Leider ist keine einzige davon übrig geblieben. Die letzte schloss circa 1960", erzählt der 32-jährige Armin.

 

Brauerei im Kuhstall

Von seinen Großeltern hatten Karin und Armin ein bebautes Grundstück geerbt, auf dem unter anderem ein alter Kuhstall stand. Dieser Kuhstall sollte zur Brauerei umgebaut werden. Weil das Grundstück aber mitten im Baumischgebiet liegt, waren die Auflagen nicht ganz einfach zu erfüllen. "Das Verfahren war sehr aufwändig. Wir hatten schon einiges an Änderungen in den Plänen zu machen, bis wir den Umbau endlich starten konnten. Aber jetzt läuft die Brauerei und alles ist gut", zeigt sich Armin zufrieden. "Und das Schönste ist, dass wir merken, dass die Leute total begeistert sind von unserer Idee und den Bieren, und davon, dass am Ort in puncto Bier endlich wieder was entsteht."

Ein gutes Team: Karin und Armin Pillmeier
Ein gutes Team: Karin und Armin Pillmeier

 

Vom Landschaftsbauer zum Hobbybrauer

Dabei war Armins Weg ins Braugewerbe am Anfang seines Berufseinstiegs in keiner Weise vorgezeichnet. Ursprünglich absolvierte er nämlich eine Lehre zum Landschaftsgärtner. Dass sein Herz nicht am Gärtnern hing, merkte er recht schnell und so machte er sich daran, Maschinenbau mit Schwerpunkt Luftfahrzeugtechnik zu studieren. Schon während des Studiums lebte er in der Beziehung mit seiner jetzigen Frau Karin, die damals noch Mitter hieß. Karins Vater, Willi Mitter, seines Zeichens Technischer Direktor der Simon H. Steiner, Hopfen GmbH, Mainburg, verschaffte Armin dann auch die Möglichkeit, seine Finanzen während des Studiums etwas aufzubessern und besorgte ihm einen Ferienjob bei Hopsteiner als Hopfenprobensammler. Damit waren die ersten zarten Bande zur Braubranche geknüpft.

Der alte Kuhstall wurde kurzerhand zur Brauerei umfunktioniert
Der alte Kuhstall wurde kurzerhand zur Brauerei umfunktioniert

 

"Das Interesse am Bierbrauen hatte ich ja schon länger. Ich habe meine ersten Heimbrauversuche schon vor zehn Jahren in unserer alten Wohnung in Regensburg gemacht. Den Studienkollegen hat's eigentlich immer geschmeckt. Ich dachte aber nie wirklich daran, da was Größeres draus zu machen." Also schrieb Armin wie geplant seine Bachelorarbeit für das Maschinenbaustudium bei Eurocopter in Donauwörth. Bei einem Besuch der BrauBeviale in Nürnberg kam Armin am BrauKon-Stand zufällig mit Friedrich Banke, Banke Process Solutions GmbH & Co. KG, Taufkirchen/Vils, ins Gespräch. Nach einem Praktikum und einer Masterarbeit in Bankes Firma wurde er zum festen Teammitglied. Seit fünf Jahren plant er jetzt dort neue beziehungsweise optimiert bestehende Brauanlagen.

 

Brautechnik "Marke Pillmeier"

Dieses Know-how kam ihm bei der Umsetzung seines Brauerei-Projektes natürlich sehr zugute, denn die gesamte Planung und Konzeptionierung der Brauerei sowie die Umsetzung lag komplett in Armins Händen. "Meine Brauanlage ist quasi Marke Pillmeier", schmunzelt der Brauereibesitzer. Das Zehn-Hektoliter-Sudhaus ist ein klassisches Zwei-Geräte-Sudwerk, bestehend aus Maisch-Würzepfanne mit integriertem Maischsystem "Alloysius" und einem klassischen Läuterbottich, sowie einem Whirlpool, der ebenfalls im Sudhaus untergebracht ist. Die Anlagentechnik wurde fein säuberlich unter dem Sudhauspodest versteckt.

Alles „Marke Eigenbau”: das vollautomatische Sudhaus der Pillmeier Bräu
Alles "Marke Eigenbau": das vollautomatische Sudhaus der Pillmeier Bräu

 

Eine Besonderheit des kleinen Sudhauses ist die Komplettautomatisierung, die zusammen mit der Proleit AG, Herzogenaurach, realisiert wurde. "Bei Anlagen in dieser Größenordnung ist das ja eigentlich nicht üblich, aber zum einen kann ich damit freier arbeiten, weil ich die Brauerei ja meistens alleine mache, und zum anderen werden meine Biere damit reproduzierbarer", erklärt Armin. Das sei ihm deswegen so wichtig gewesen, weil Pillmeier schon bei der Planung den Hintergedanken hatte, seine Anlage auch für Probesude anderer Brauereien nutzbar zu machen. "Die Automatisierung lässt eine Vergleichbarkeit mit großen Anlagen zu, was ein enormer Vorteil für Brauereien ist, die zwischendurch mal ein neues Bier ausprobieren wollen oder einfach nur mal einen Sondersud mit kleinen Mengen benötigen. Damit nutze ich die Anlage besser aus und schaffe mir ein weiteres Standbein", meint Armin. Erste Aufträge laufen bereits.

 

Erlebnis Bier

Direkt neben dem Sudhaus, gut einsehbar für die Gäste, liegt der Gär- und Lagerkeller, ein kleiner Raum, in dem sowohl stehende als auch liegende Edelstahltanks ihren Platz gefunden haben. Die Tanks sind großenteils Spezialanfertigungen, jeweils ausgestattet mit einer Mantelkühlung und alle einzeln regelbar. Die Brauereiführungen bieten dem Hobbybrauer die Möglichkeit, den Besuchern das Bier als wertiges Produkt greifbarer und verständlicher zu machen.

Jede Brauereiführung endet im urigen Bräustüberl
Jede Brauereiführung endet im urigen Bräustüberl

 

Kleinere Mengen und mehr Spezialitäten

Bisher besteht das Pillmeier Bräu Sortiment aus einem klassischen Hellen und einem Weißbier. In Arbeit und Reifung ist gerade ein dunkles Bier, danach will der Bräu es mit einem Bock versuchen. Insgesamt möchte Armin in seiner Brauerei aber auch einiges an Spezialbieren ausprobieren, ein Sommerweißbier zum Beispiel. Von Filtration oder thermischer Stabilisierung nimmt er bewusst Abstand. "Bei unbehandelten Bieren ist das Geschmackserlebnis einfach nochmal ganz anders. Das kommt bei den Leuten gut an", so der Bräu weiter.

Klassisch geht’s im Lagerkeller zu
Klassisch geht's im Lagerkeller zu

"Wir haben kürzlich die ersten 1000 Liter Helles bei einer befreundeten Brauerei in Flaschen abfüllen lassen. Nachdem wir den Verkauf ab Rampe publik gemacht hatten, dauerte es keine vier Tage, dann waren alle Flaschen verkauft. Und das bereits fertige, noch gelagerte Bier, das wir noch übrig hatten, mussten wir in Fässer füllen. So konnten wir dann nichts mehr in die Getränkemärkte bringen. Langfristig wäre das aber schon der Plan", meint Armin.

 

Gutes hat seinen Preis

Der Sixpack Pillmeier Helles mit 0,5-l-Flaschen kostet derzeit ab Rampe 8 EUR. Angesichts der Preisschlachten, die sich die Brauereien in den Getränkemärkten liefern, vielleicht nicht gerade ein Schnäppchen. Aber Pillmeier ist überzeugt: "Der regionale Bezug und das Bewusstsein der Leute für die Wertigkeit heimischer Produkte ist stark gewachsen. Man ist wieder eher bereit, ein paar Euro mehr auszugeben dafür, dass man dann etwas Besonderes hat." Und der schnelle Abverkauf seines Bieres gibt ihm Recht.

Da die Brauerei im Nebenerwerbsbetrieb geführt wird, beschränkt sich die Brautätigkeit Armins bisher auf seine Freitage. Seinen Brotjob bei Banke konnte er von fünf auf vier Tage reduzieren. Da Karin ebenfalls einen verantwortungsvollen Job in Vollzeit hat, ist die Arbeitsteilung in der Brauerei so, dass Armin den technischen Teil übernimmt und an den Kesseln steht, während sich seine Frau neben ihrem Hauptjob ums Marketing, den Einkauf und die Logistik kümmert. Vieles in der Brauerei haben die beiden in Eigenleistung gestemmt. 

 

Finanzierungshilfe Genussschein

Der nicht unerhebliche sechsstellige Betrag, den das Ehepaar für ihren Brauerei-Traum aufbringen musste, setzt sich aus zwei Komponenten zusammen: einem Förderkredit und der Finanzierung über sogenannte Genussscheine, die quasi wie eine Anleihe aus privater Hand funktionieren. Die ersten 500 Genussscheine bot das Paar via Facebook zum Verkauf an. "Nach acht Wochen waren die Scheine zu je 100 EUR komplett weg", erinnert sich Armin. Die Verzinsung beträgt dabei sechs Prozent, die Laufzeit zehn Jahre. Wer einen Genussschein besitzt, bekommt seine Zinsen jedoch nicht in bar, sondern in Form von Bier ausbezahlt. Das Konzept kam an, kürzlich wurden weitere 250 Genussscheine in Umlauf gebracht, die auch schon wieder ausverkauft sind.

Events und Neuigkeiten, die die Brauerei betreffen, werden vorrangig über soziale Medien wie die Facebook-Plattform Pillmeier Bräu oder über die eigene Homepage verbreitet. "Dort kriegt man einen kleinen Einblick, was bei uns momentan so los ist", so Armin. Zum Beispiel, wann die nächste Bier-Peng (Pillmeier's ENtspannungsGymnastik) ansteht, eine Art Bier-Yoga, bei der zur Gymnastik eine Halbe Bier getrunken werden darf. Oder auf welchem Fest das nächste Mal ein frisches Fass Pillmeier Helles angezapft wird.

Karin Pillmeier beim Bier-Peng
Karin Pillmeier beim Bier-Peng

Für die nahe Zukunft planen Karin und Armin nun erstmal, Kontinuität in die Bierproduktion zu bringen. Da die beiden berufsbedingt eher selten in ihrer Brauerei anzutreffen sind, sollten die Biere baldmöglichst in den regionalen Getränkemärkten zu haben sein. Wie es langfristig weitergeht, wird sich dann zeigen. "Die Anlage soll sich natürlich rentieren, aber in erster Linie muss es uns Spaß machen, die Brauerei quasi nebenher zu betreiben." Und dass es das tut, sieht man den beiden an.