Portraits


	
						
	
	

				
			
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Das Weizenglasmuseum im Nürnberger Ortsteil Laufamholz verbirgt sich im Keller des privaten Wohnhauses von Walter Geißler. Seit über 30 Jahren trägt Geißler seine Schätze vor allem aus Süddeutschland und zum Teil aus der ganzen Welt zusammen … bis heute über 5500 Stück, inklusive Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Im Gespräch mit GradPlato erzählt Geißler, was für ihn die besondere Faszination am Weizenglas ausmacht.

°P: Herr Geißler, Sie betreiben ein privates Museum, gibt es da bestimmte Regularien zu beachten?

Walter Geißler: Nein, da gibt es eigentlich nichts Besonderes zu beachten. Ich bin als Museum lediglich beim Fremdenverkehrsamt der Stadt Nürnberg geführt und natürlich im Internet präsent. Und darüber werden Besucher aufmerksam, die das Museum besuchen wollen. Momentan, während der Corona-Pandemie, haben wir natürlich geschlossen. Aber ich hatte auch schon internationale Besuchergruppen aus der ganzen Welt, z.B. aus Japan und den USA.

 

Im Keller seines Wohnhauses im Nürnberger Ortsteil Laufamholz betreibt Walter Geißler das Weizenglasmuseum (Foto: Weizenglasmuseum)
Im Keller seines Wohnhauses im Nürnberger Ortsteil Laufamholz betreibt Walter Geißler das Weizenglasmuseum (Foto: Weizenglasmuseum)

 

°P: Wie kamen Sie ursprünglich auf die Idee, in Ihrem Wohnhaus ein Weizenglasmuseum einzurichten?

Geißler: Das fing im Jahr 1980 an. Damals habe ich auf dem Dachboden meiner Eltern acht Weizengläser gefunden, die ich aufs Küchenbord gestellt habe. Kurz darauf waren wir im Bayerischen Wald im Urlaub, und von dort habe ich bereits 150 Gläser mit nach Hause genommen. Irgendwann standen Teile der Sammlung im Schlafzimmer, und weitere Teile waren im Kinderzimmer untergebracht. Schließlich verbannte ich das Ganze in den Hobbykeller.

Als wir vor 25 Jahren unser jetziges Wohnhaus bauten, plante ich bereits beim Hausbau die Integration des Museums. Heute besitze ich eine Sammlung von mehr als 5500 Weizengläsern. Wobei ich keine wilde Sammelei betreibe, sondern mich vor allem auf schöne historische Stücke konzentriere. Pro Brauerei mindestens ein Glas, und zwar die alten Gläser, vor 1990.

 

°P: Sie bezeichnen Gläser von vor 1990 als „alt“? Woher kommt dieser Schnitt?

Geißler: Damals fand ein Umbruch in der Fertigung von mundgeblasenen, handgefertigten Gläsern hin zur Maschinenfertigung statt. So genau kann man diesen Übergang nicht definieren, bei einzelnen Glasherstellern begann die maschinelle Fertigung vermutlich schon ein bisschen früher. Aus den maschinellen Gläsern ist dann schnell Massenware geworden.

 

Seltene Weissbierschalen und Becher (Foto: Weizenglasmuseum)
Seltene Weißbierschalen und Becher (Foto: Weizenglasmuseum)

 

°P: Woher haben Sie diese riesige Zahl an Weizengläsern bekommen?

Geißler: Wir sind damals herumgefahren und haben Land und Leute besucht. Da ging es natürlich nicht nur um das Sammeln von Weizengläsern, uns haben auch immer die Geschichte, Architektur und Kultur interessiert. Und nebenbei habe ich auf unseren Reisen die Gläser zusammengesammelt.

 

°P: Wie alt sind die ältesten Stücke aus Ihrer Sammlung?

Geißler: Angefangen mit der Dekoration der Gläser hat es etwa um 1900 herum, wobei aus dieser Zeit nur noch einzelne Stücke überlebt haben. Ein schönes Paar z.B. besitze ich aus dieser Zeit von der Klosterbrauerei Fürstenfeld. Bei Fürstenfeld denkt jeder als Erstes an Österreich, aber es geht um das heutige Fürstenfeldbruck, damals waren Bruck und Fürstenfeld nämlich noch eigene Orte. Die Klosterbrauerei Fürstenfeld wurde dann schon 1913 geschlossen.

 

°P: Müssen Ihre Gläser immer dekoriert sein?

Geißler: Ja! Alle Gläser, die ich sammle, stehen immer in Verbindung mit einer Brauerei. Keine Trinksprüche oder ähnliches.

 

Highlights in Paarform (Foto: Weizenglasmuseum)
Highlights in Paarform (Foto: Weizenglasmuseum)

 

°P: Was stellt für Sie den besonderen Reiz eines Weizenglases dar?

Geißler: Mich hat immer die Form und natürlich das Weizenbier selbst begeistert. Das klassische Glas für Weizenbier hat ja eine einzigartige Form.

Natürlich gehören auch die Gläser für die Berliner Weiße in die Sammlung. Und aus der neueren Zeit sind wirklich auch einige sehr besondere Formen dabei. Denn gerade Glashersteller wie Sahm oder Rastal haben Glasformen entwickelt, die von einigen Brauereien geschützt wurden und nur von ihnen verwendet werden.

 

°P: Sammeln Sie auch die ganz modernen Gläser?

Geißler: Wirklich neue Gläser nehme ich nicht mehr in die Sammlung auf. Vor ein paar Jahren ging es los mit der eurokonformen Eichung. Das ist für mich ein Schnitt, ab dem ich keine neuen Gläser mehr sammle. Manchmal kommen Besucher aus Brauereien bei uns vorbei, um zu sehen, welche alten Stücke es aus ihrer Brauerei in mein Museum geschafft haben. Die bringen häufig auch noch neue, moderne Gläser mit. Die kommen natürlich schon in die Sammlung.

 

°P: Das bedeutet, dass die Sammlung bereits komplett ist?

Geißler: Nein keinesfalls! Ich bin weiterhin auf der Suche nach etlichen alten, uralten Weizengläsern. Eines meiner meistgesuchten Gläser ist das von der ersten Nürnberger Weizenbierbrauerei Kirzinger, die bestand vor dem Krieg am Paniersplatz. Die Tochter, Frau Kirzinger, habe ich einmal über eine Anzeige kennengelernt. Sie konnte mir zwar noch Bilder der Gläser zeigen, hatte aber leider selbst keines mehr. Vielleicht steht noch irgendwo in Nürnberg auf einem alten Dachboden oder Küchenschrank so ein Glas? Ich freue mich über entsprechende Hinweise!

Auch viele Weißbierbrauereien, wie z.B. die Weißbierbrauerei Tutzing, Bad Tölz oder Bad Aibling aus Oberbayern, hatten schöne handgemalte, emaillierte Gläser, die ich ebenfalls noch suche.

Dazu muss ich noch bemerken: Ein Briefmarkensammler kann in einem Katalog nachsehen, was ihm noch fehlt. Bei den Gläsern weiß man aber einfach nicht, was es alles gegeben hat. Das ist selbst manchen Brauereibesitzern nicht mehr bekannt, welche Gläser die eigene Brauerei einmal herausgegeben hat.

 

Champagner Weizen der 60er Jahre (Foto: Weizenglasmuseum)
Champagner Weizen der 60er-Jahre (Foto: Weizenglasmuseum)

 

°P: Welche Leute kommen und besuchen Ihr Weizenglasmuseum?

Geißler: Das ist sehr unterschiedlich. In der Regel werden die Leute über das Fremdenverkehrsamt oder das Internet auf das Museum aufmerksam. Vom Doktor bis zum Schlosser, sage ich mal. Und natürlich viele Besucher aus den Brauereien.

 

°P: Stellen Sie neben Weizengläsern noch weitere Dinge in Ihrem Museum aus?

Geißler: Wir stellen alles rund ums Weizenbier aus. An erster Stelle wären vielleicht die alten Schilder zu nennen. Außerdem betreibe ich noch eine Hausbrauerei. Da wird natürlich ebenfalls nur Weißbier gebraut.

 

°P: Trinken Sie jemals auch untergäriges Bier?

Geißler: (lacht) Am liebsten trinke ich natürlich schon Weißbier. Aber ich trinke auch mal gerne ein Bockbier, da orientiere ich mich ein wenig an den Jahreszeiten.

 

°P: Wenn Sie sich Besucher für Ihr Museum aussuchen dürften, wen würden Sie gerne einmal zu sich einladen?

Geißler: Da würde mir zum Beispiel Georg Schneider einfallen, der war noch nicht bei uns. Oder der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Nürnberg, Ulrich Maly, genauso wie der amtierende Oberbürgermeister Marcus König, die ich auch persönlich kenne. Vielleicht ergibt sich doch mal die Gelegenheit. Ich würde sie sehr gerne einmal bei mir begrüßen, um ihnen zu zeigen, welche außergewöhnliche Sehenswürdigkeit sie noch in Nürnberg entdecken können. Und mit denen würde ich natürlich auch ein Weißbier trinken! Zu vermessen wäre es wohl, einmal unseren Ministerpräsidenten zu begrüßen, obwohl er bei mir um die Ecke wohnt.

 

°P: Herr Geißler, herzlichen Dank für das Gespräch!