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Als die Ale-trinkenden Briten im 18. Jahrhundert ihr Kolonialreich, das British Empire, aufbauten, stießen sie bald auf ein Problem: Ihr Standardbier, das Brown Ale hielt sich einfach nicht auf dem langen Seeweg in die Tropen. Auf der Reise von Liverpool um Cape Horn, dem Südzipfel Südamerikas, oder um Cape of Good Hope und Cape Agulhas, den Südzipfeln Südafrikas, bis nach Kalkutta, musste ein Segelschiff auf seiner sechswöchigen Fahrt zweimal den heißen Äquator überqueren. Da musste ein stärkerer, länger haltbarer Gerstensaft mit hohen Bitterwerten und hohem Alkoholgehalt her!

 

Etablierte Starkbierkultur

Zum Glück konnte das britische Königreich damals bereits auf eine solide Starkbierkultur zurückgreifen, und eines der Brauzentren für gutes, starkes Ale war damals die Stadt Burton-upon-Trent in Staffordshire in den englischen Midlands. Das dortige Brauwasser kam aus tiefen, artesischen Quellen und war hart und gipshaltig, was die Hopfenbittere besonders hervorhebt. In seiner Blütezeit konnte Burton-upon-Trent mehr als ein Dutzend Brauereien vorzeigen. Einige der Burton-Biere waren besonders stark und wurden seit der Mitte des 18. Jahrhunderts als Handelsbiere nach Russland und in die baltischen Staaten verfrachtet.

Diese Biere waren – wie die meisten, damaligen, englischen Ales – bernsteinfarben bis braun. Zusätzlich waren sie auch recht hopfenbetont und zeichneten sich durch eine malzige Restsüße im Nachtrunk aus. Sie stemmten etwa 10 bis 11 Vol.-%, was bei einer Stammwürze von etwa 20 bis 25 Prozent nicht verwunderlich ist. Es war ungefähr um diese Zeit, dass die britischen Mälzer lernten, ihre Darren mit Koks statt mit Kohle oder Holz zu befeuern, um damit hellere Ale-Malze herzustellen. Eines der damals populären englischen hellen („Pale“) Ales war ein „October Beer”, welches in London von George Hodgson, dem Inhaber der Bow Brewery, hergestellt wurde. Dieses Ale hatte eine hohe Stammwürze, war stark gehopft, hoch vergoren und über Monate haltbar. Andere Brauereien, einschließlich einiger großer Burton-Brauereien wie Bass und Alsop, folgten dem Beispiel der Bow Brewery und produzierten ihr eigenes October Beer. Verbindet man nun diese helleren Malze mit der Burton-upon-Trent Starkbiertradition und dem sich öffnenden, von der mächtigen East India Company betriebenen Kolonialhandel, so hat man den Anfang des Bieres, welches wir heute als India Pale Ale (IPA) bezeichnen.

 

Werbeplakat aus dem 19. Jahrhundert der Phipps Brauerei in Northampton
Werbeplakat aus dem 19. Jahrhundert der Phipps Brauerei in Northampton (Quelle: upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a6/Old_Phipps_IPA_Claret_sharpened.jpg, Public Domain)

 

Der wichtigste Kunde für die britischen Brauer

Die East India Company, die offiziell „Governor and Company of Merchants of London trading into the East Indies“ hieß, war damals weit mehr als nur ein Wirtschaftsunternehmen. Sie erhielt ihre Charta bereits im Jahre 1600 von Elizabeth I., und ihre Handelsschiffe versorgten bald das Mutterland aus fernen Regionen mit Baumwolle, Gewürzen, Opium, Salz, Seide, Tee und vielen anderen Rohstoffen. Im Gegenzug versorgte die Company die Beamten und das Militär in den Kolonien mit den Annehmlichkeiten der britischen Zivilisation sowie mit Waffen und natürlich auch mit Fässern voll Bier. Als verlängerter Arm der britischen Krone auf dem asiatischen Subkontinent übte die East India Company schließlich fast in allen Belangen eine quasi Hoheitsmacht aus. Sie hatte ihre eigene Armee, war die einzige, effektive Zivilverwaltung und genoss ein de facto Handelsmonopol. Für die britischen Brauer war sie damit der wichtigste Kunde. Und für die speziellen Anforderungen dieses speziellen Kunden brauten die Brauer ein spezielles Bier, eben das auf dem October Beer aufgebaute India Pale Ale.

 

Liondartois auf wikimedia commons (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:McEwans_ale.JPG), „McEwans ale“, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/legalcode
Die englischen Brauer hatten im 18. Jahrhundert gelernt, helle Malze herzustellen. Die resultierenden Malze hatten, im Gegensatz zu den früher mit Holz befeuerten Darren, deshalb viel hellere Farben, viel heller als das zum Vergleich hier abgebildete „Bronw Ale“ (Quelle: Liondartois, commons.wikimedia.org/wiki/File:McEwans_ale.JPG, „McEwans ale“, CC BY-SA 3.0)

 

Niedergang und Wiederauferstehung des IPA

Als am Anfang des 20. Jahrhunderts Dampfschiffe sowie der Suezkanal und der Panamakanal die Zeit einer Seereise nach Indien drastisch kürzten und die Welt sich gleichzeitig mehr und mehr dem goldenen, untergärigen Bier nach Pilsner Art zuwandte, ging es auch mit der Popularität des IPA zu Ende. Zwar gibt es heute noch englische Brauereien, die IPAs herstellen, aber diese Biere sind kaum mit den ursprünglichen Handels-IPAs von vor zwei Jahrhunderten vergleichbar.

Interessanterweise wurde das aggressiv gehopfte, starke IPA vor einigen Jahren von den Craft Brauern in den USA wiederentdeckt. Sehr starke, oft mit Unmengen von amerikanischem Hopfen gewürzte IPAs, sind in diesem Markt so populär, dass IPA dort schon seit Jahren unter den meistverkauften Craft Bier-Sorten rangiert.

Das hier vorgestellte englische Rezept ist, im Vergleich zu den extremen Craft-IPA-Interpretationen, ein eher „bescheidenes“ Bier mit „nur“ 17,5 Prozent Stammwürze, etwa 45 Bittereinheiten und 7,2 Vol.-%. Die Schüttung ist sehr einfach: Fast nur Pale Ale Malz mit kleinen Zugaben der englischen Spezialmalze Brown Malt und Crystal Malt für ein wenig Farbe und Geschmacksvertiefung. Die Maische sollte im Einstufen-Infusionsverfahren bei etwa 65 °C bis 66 °C etwa 90 Minuten gerastet werden, um sie vollkommen zu weichen und die Verzuckerung in niedrig-molekulare Zucker zu fördern. Die Würze sollte bei einer traditionellen Ale-Temperatur von etwa 18 °C mit einer typisch englischen Ale-Hefe angestellt werden. Das fertige IPA kann optional unfiltriert einige Monate gelagert werden.

 

Das sagt das Rezept

Stammwürze: 17,5 Prozent
Restextrakt: 4 Prozent
Bittereinheiten: 45 BE
Farbe: 26,7 EBC
Alkohol: 7,2 Volumenprozent

 

Zutaten (gerundet) bei einer Sudhausausbeute von rund 65 Prozent für 20 Liter:

 

Malz Prozent kg
Pale Ale 96 5,54
Brown Malt (Thomas Fawcett) 12 0,12
Crystal (Crisp) 4,5 0,12
Gesamtmalzschüttung 100

5,78

 

Hopfen Prozent Alpha g
Bitter: Golding 5 47
Flavor: Fuggle 4,25 22
Aroma: Golding 5 22

 

Hefe Englische Ale-Hefe

 

Infusionsverfahren. Bei bei etwa 65 °C bis 66 °C einmaischen. 90 min Rast. Zum Abläutern Temperatur auf 77 °C hochfahren. Im Kreislauf pumpen, bis die Würze blank läuft. Kochen 90 min. Bitterhopfen nach 30 min Kochzeit. Flavor-Hopfen nach 75 min. Whirlpool. Aromahopfen in den Whirlpool. Hauptgärung etwa 7 bis 10 Tage bei etwa 18 °C. Schlauchen. Nachgärung 2 bis 3 Wochen. Schlauchen. Unter Druck mit CO2 anreichern. Filtrieren ist optional. Abfüllen.